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Fabian Thomas

Vom Glück, im Zickzack durchs Leben zu gehen

 

Impulsive Entscheidungen sind die besten. Wir als Kreative können ein Lied davon singen, sonst würde es „Luv & Lü“ nicht geben. Und spontan gelebtes Leben kann zu visionären Erfahrungen führen. Warum Fabian Thomas des Öfteren im Leben nach rechts abbiegt, anstatt nach links wie ursprünglich geplant - das erzählen wir jetzt. 

 
 

Wir treffen Fabian, den smarten Typen von Mitte zwanzig, auf einem malerischen Resthof im Wangerland an der Nordsee. Als wir mit ihm sprechen, merken wir schnell, dass Fabian jobtechnisch auf der Überholspur lebt. Er ist Organist, also Musiker, außerdem eine Art Musiktherapeut. Und er ist Vater auf Entfernung, arbeitet als Restaurantfachmann in der Gastronomie, betreut Ferienwohnungen und Feriengäste. Obendrein ist er Grafiker und Fotograf. Das reicht eigentlich für drei Leben. Aber fangen wir von vorne an.

 
 
 
 

Aufgewachsen in Nordrhein-Westfalen jobbte er bereits seit seiner Jugend in der Gastronomie. Die Liebe zu diesem Beruf kam durch seine Mutter, die auf einer Beauty-Farm arbeitete. Jeden Tag nach der Schule fuhr er zur ihr, um auszuhelfen. Für alle in der Familie war klar: Das macht Fabian irgendwann hauptberuflich. Fabian hat sich jung gebunden und wurde früh Vater. Eines Tages fing seine heile, kleine Welt an zu wackeln, und er entschloss sich einen Neuanfang zu starten. Sein Ziel: die Nordseeküste. Fabian folgte einem Bauchgefühl und landete in Wilhelmshaven, wo er für drei Monate in einem Hotel arbeitete. „Ich habe schnell gemerkt, dass mir das mit der Gastronomie einfach keinen Spaß mehr macht, und es jetzt an der Zeit ist, auch in beruflicher Hinsicht einen Neuanfang zu wagen“, erzählt uns Fabian.

 
 
 

Der Soundtrack zur Geschichte von 3 Miles to Essex

 
 
 
 

UNTERWEGS ZU SEIN IST DOCH
IN ERSTER LINIE EIN GEISTIGER ZUSTAND, ODER?

 

Auf die Frage, warum er die Gastronomie an den Nagel hängen möchte, erzählt er uns: „Der Job ist oft anstrengend und undankbar, wenn man es von der einen Seite betrachtet. Die Bezahlung ist miserabel für die Stunden, die man leistet, der Stress dahinter, Freunde und Freundschaften kannst du total vergessen. Es gibt diese Gastronomen-Sprüche, dass man keine Freunde braucht, weil die Arbeitskollegen deine Familie sind. Man kann sich das Ganze auch schönreden und das tun, glaube ich, auch 90 % aller Gastronomen. Irgendwann kommst du an dem Punkt in deinem Leben, wo du aufhören solltest, dir alles schön zu reden. Dass es einfach wichtigere Dinge im Leben gibt, die einen glücklicher machen.“ 

 

Videointerview

 
 
 
 

Mit einer Menge Mut im Gepäck macht sich Fabian auf die Reise in ein neues Genre: Grafik- und Webdesign und Fotografie. Bloß nie wieder Gastronomie! Er plant seine Selbstständigkeit und trifft auf seinen jetzigen Arbeitgeber, der – Überraschung! - aus der Gastronomie kommt. „Er schrieb mich damals an, dass er Fotos für seine Ferienwohnungen benötigt. Man traf sich, war sich sofort sympathisch und kam ins Gespräch. Tja, was soll ich sagen. Das ist jetzt dreieinhalb Jahre her und seitdem arbeite ich in seinem italienischen Restaurant „Il Gabbiano“ in Horumersiel als Restaurantfachmann und Mädchen für alles. Ich bin der Grafiker, produziere die Fotos für die Ferienwohnungen und betreue die Gäste. Und bin da gelandet, wo ich eigentlich nicht mehr hin wollte - in der Gastronomie, aber das funktioniert alles so gut, als würde man seit 30 Jahren zusammen arbeiten. Das ist ein ganz großes Spektrum, was wir da betreuen. Und ich habe alle Freiheiten, die ich brauche“, erzählt uns Fabian mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht. 

 
 

"MAN MUSS OFFEN UND AUFGESCHLOSSEN SEIN."


Eines Tages, scheinbar kein Einzelfall in seiner Wahlheimat Horumersiel im Wangerland an der Nordsee, kamen die Menschen auf Fabian zu. „Es ist nicht so anonym wie in der Stadt. Jeder ist menschlich an einem interessiert. Man kommt ins Gespräch und wenn man den Einheimischen hier sympathisch ist, lassen sie einen nicht mehr los. Plötzlich hat man ein neues Zuhause, hat neue Herausforderungen und neue Bekanntschaften in seinem Leben. Man muss nur offen und aufgeschlossen sein.“ 

Auf seinen täglichen Weg zur Arbeit fährt Fabian immer an einer Aufsehen erregenden Kirche vorbei. Die „Kirche am Meer“ ist ein stolzer, souveräner Kirchenneubau, der sogar einen Architekturpreis gewonnen hat. Fabian hatte mit Kirche wenig am Hut, aber er ist ja Musiker und suchte noch nach einen Ort, wo er diese Leidenschaft ausleben konnte. Er dachte an einen Chor und landete an der Orgel. „Man hat mir einfach den Schlüssel der Orgel in die Hand gedrückt, und seit Februar 2016 spiele ich dort, so oft ich kann, die Orgel. Ich hatte überhaupt keine Ahnung von den Abläufen in einer Kirche, wie eine Messe aufgebaut ist oder was ich eigentlich tun muss. Mittlerweile weiß ich das größtenteils und habe mich da so reingefuchst“, verrät uns Fabian. Aber Fabian spielt nicht einfach nur Orgel und singt klassische Kirchenstücke. Fabian erfindet die Kirche neu! Er spielt auch Songs von Peter Maffay oder den Soundtrack von „Fluch der Karibik“.

 
 

Fabian ist einer dieser Typen, die immer rechts abbiegen. Er ist auf der Suche. Nach neuen Herausforderungen. Und nach sich selbst. Stehenbleiben kommt für ihn nicht in Frage, dafür lässt sein Tagesablauf auch keinen Raum. „Es gibt Tage, da arbeite ich von 8 Uhr bis 11.30 Uhr als Musiktherapeut in der Klinik, dann regulär von 12 Uhr bis 15 Uhr im Restaurant, von 15.30 Uhr bis 16.30 Uhr bin ich in der Kirche, um 17 Uhr bis abends im Restaurant und oft fahre ich dann noch einmal in die Kirche und spiele für mich zum Runterkommen an der Orgel.“ Auf die Frage, wann er mal Zeit für sich hat, sagt er: „Das ist die große Frage, eigentlich alle zwei Wochen an den Wochenenden, wenn ich zu meinem Sohn nach Nordrhein-Westfalen fahre. Ich schalte mein Handy ab und denke keine Sekunde an die Arbeit! Aber mir macht das alles sehr viel Spaß, sonst würde ich das nicht machen. Und Horumersiel mit seinen Menschen schenkt mir immer wieder das Gefühl, zuhause und ein Stück weit angekommen zu sein.

 

 

Als wir Fabian trafen, war uns übrigens nicht bewusst, wie modern, entspannt und beflügelnd Kirche sein kann. Ein Ort der Ruhe, der Besinnung und der Begegnung auf eine ganz neue und moderne Art. Klar, Fabian ist ein richtig guter Typ, und er hat sich für uns geöffnet und uns berührt. Wenn er an der Orgel spielt, ist er ganz bei sich. Er füllt diesen Raum mit einer Kunst, die man einfach lieben muss. Jeder, der im Wangerland lebt oder Urlaub macht, sollte sich nur einmal die Zeit nehmen und an diesen wunderbaren Ort gehen. Einfach nur zuhören, wenn Fabian an der Orgel spielt. 

 
 
 

Inselkapitän

EWALD Bebber

Hochseeinsel. Helgoland. Heimatland.

 

Mitten in der Deutschen Bucht, knapp 70 Kilometer vom Festland entfernt, liegt Deutschlands einzige Hochseeinsel: Helgoland. Die wogenden Wassermassen, das kräftige Farbenspiel der roten Felsen, die Weite des Meeres, die frische Seeluft und die faszinierenden Natur- und Tierwelten, machen dieses kleine Eiland mit 1,5 Quadratkilometern zu einem eindrucksvollen Fels in der Brandung.

 
 


Um auf die Insel zu gelangen, nimmt man in der Regel ein Schiff. Die Reederei Cassen Eils, die seit 1952 existierende, älteste Helgoland-Reederei, bietet das ganze Jahr hindurch mit modernen Seebäderschiffen eine Linienverbindung nach Helgoland an. Die Abfahrtshäfen sind Cuxhaven, Bremerhaven und Büsum, zusätzlich gibt es ausgewählte Abfahrtstermine ab Hooksiel im Wangerland an der Nordsee mit MS „Fair Lady“.

 
 
 
 

Als wir das Seebäderschiff MS „Helgoland“ in Cuxhaven betreten, werden wir friesisch freundlich von der Crew an der Gangway begrüßt. „Moin, willkommen an Bord.“ Wir staunen nicht schlecht, zumal wir uns ein Fährschiff etwas anders vorgestellt haben. MS „Helgoland“ ist eines der modernsten Schiffe Europas, alleine schon durch den Antrieb. Und es ist schön groß, hell und unglaublich modern gebaut. Das chice Design überzeugt innen und außen, der barrierefreie Zugang zu allen Decks ist per Fahrstuhl erreichbar, es gibt komfortabel eingerichtete Salons, eine Kinderspielecke, ein hervorragendes Restaurant und ein großzügiges Sonnendeck – das allein ist schon bemerkenswert. Aber das Außergewöhnlichste an MS „Helgoland“ ist, dass es mit innovativer Flüssiggas-(LNG)technik angetrieben wird. Mit anderen Worten: Umweltschutz auf hohem Niveau.

 
 
 

Der Soundtrack zur Geschichte von 3 Miles to Essex

 
 
 
 

für jeden einen Liegeplatz mit blick auf's meer

 

Wir werden von der Crew in die heiligen Hallen - auf die Brücke – geleitet. Dort treffen wir den Mann, der noch mehr Fels in der Brandung ist als Helgoland selbst. Chefkapitän Ewald Bebber! Stets mit einem flotten Spruch auf den Lippen und unglaublich liebenswertem Humor begrüßt er seine Gäste an Bord und läuft noch einmal durch das ganze Schiff, um sich zu versichern, dass alles so läuft, wie er das möchte. Im Schiff selbst kommt man sich vor wie in einem Ameisenhaufen. Alle Gäste laufen aufgeregt hin und her, hoch und runter auf der Suche nach Essen, Trinken, dem besten Platz. „Das ist normal. Das legt sich gleich wieder, wenn wir ablegen, dann hat jeder seinen Lieblingsplatz gefunden, mit Blick aufs Meer“, erklärt uns der Kapitän. Hochkonzentriert wird das Ablege-Manöver vorbereitet. An seiner Seite Steuerfrau Antje Busch. Antje ist seit drei Monaten an Bord auf MS „Helgoland“, genauso charmant wie der Kapitän und bereits ein alter Hase auf See. Vorher fuhr sie jahrelang auf einem Frachter und hat ganz Nordeuropa gesehen. 

Die Reederei ist sehr offen gegenüber dem Thema Frauen in der Seefahrt, wie wir feststellen, denn auf einem anderen Seebäderschiff fährt ebenfalls eine Steuerfrau mit.

 

Videointerview

 
 
 
 

„Ich bin an beiden Enden der Reise zu Hause!“

 

Es ist acht Minuten nach Zehn, als das Signal „Tuuuuuuuuut“ zum ersten Mal an Bord zu hören ist. „Das ist das Zeichen für die Gäste, dass sie sich jetzt sputen müssen...“, sagt Kapitän Bebber. Ein zweites Mal „Tuuuuuuuuuut“ und schon fahren wir los - ganz leise und umweltfreundlich mit Kurs auf Helgoland. Auch die 800 Gäste an Bord sind nun alle ganz entspannt und man merkt mit jeder Seemeile, die sie hinter sich lassen, die Vorfreude, dass bald diese kleine rote Felseninsel vor ihnen auftaucht...

 
 

Interessant ist, dass man in Niedersachen an Bord geht, an der Insel Neuwerk vorbei fährt, die zu Hamburg gehört, und auf der Insel Helgoland von Bord geht, die wiederum zu Schleswig-Holstein gehört. Die Überfahrt nach Helgoland dauert zirka 2,5 Stunden, je nach Tide und Geschwindigkeit. Auf der Brücke sieht es fast aus wie in einem Flugzeug-Cockpit, nur viel größer. Hochmodernste Technik, stets im Visier von Steuerfrau Antje, während wir die Elbe in Richtung Nordsee fahren. Eine gute Gelegenheit für uns, Kapitän Bebber ein bisschen näher kennen zu lernen.

"Urlaub macht dumm – ich habe einen job für dich."

 

Chefkapitän Ewald Bebber hat seit 26 Jahren bei der Reederei Cassen Eils das Steuerrad fest in der Hand. „Wenn man es streng nimmt seit 54 Jahren, denn ich bin gebürtiger Helgoländer“, verrät er uns. Wie wird man eigentlich Fährkapitän? „Das war eher Zufall, denn ich war vorher weltweit auf Großer Fahrt unterwegs, nur Australien und die Antarktis fehlen noch. Eines Tages hatte ich Urlaub und traf Cassen Eils und er fragte mich, was ich gerade mache. Ich sagte: ‚Urlaub.’ Er sagte: ’Urlaub macht dumm, ich habe einen Job für dich. Kannst du mir aushelfen? Ein Steuermann ist mir abhanden gekommen.’ Ich sollte für sechs Wochen einspringen - das war vor 26 Jahren“, erzählt uns der Kapitän.

 
 

Der gebürtige Helgoländer hat bereits zwei Bauphasen von Seebäderschiffen in seiner Karriere begleitet. Zuerst MS „Fair Lady“ in der Kindheit, das auch von Hooksiel nach Helgoland fährt. „Ein ganz tolles Schiff, was mir sehr am Herzen liegt“, verrät er uns. Und das technisch-innovative und moderne MS „Helgoland“. „Ich war schon während der Bauphase ständig vor Ort und fast hätte es geklappt, dass MS „Helgoland“ an meinem Geburtstag im Mai 2015 ins Wasser gelassen wurde. Leider kam es erst einen Tag später dazu. Das wäre natürlich so richtig schön gewesen“, schwärmt der Kapitän. „Früher war alles mehr Handwerk und viel mehr analoge Technik. Heute ist alles elektrisch. Körperlich nicht mehr so anstrengend, aber dafür vom technischen Anspruch viel höher. Als Kapitän muss man heutzutage sehr viel technisches Verständnis haben, gerade auf diesem Schiff mit dem LNG-Antrieb“, erklärt uns Bebber weiter.

 

 

Und was macht ein Kapitän so in der Freizeit? „Ich bin Kapitän durch und durch, das sagen auch meine Freunde. Sogar in meiner Freizeit baue ich mit einem Freund zusammen ferngesteuerte Modellboote und lasse diese auch hin und wieder fahren. Wir haben eines unserer Schiffe, MS „Fair Lady“, nachgebaut und auch das Frachtschiff meiner Eltern (KÜMO) Paloma-B von See, das früher nach Helgoland fuhr. Zur Zeit bauen wir MS „Helgoland“ (Länge 1,70 Meter) als Fernsteuermodell nach. Ziemlich verrückt, ich weiß, macht mich aber glücklich!“ Können Sie sich vorstellen, wieder auf die Insel zu ziehen und dort zu Leben? „Im Moment nicht, aber wer weiß, was das Leben noch bringt. Das Schönste für mich an Helgoland ist, kurz vor Sonnenuntergang eine Inselrundfahrt zu machen. Wenn abends die rote Sonne untergeht und dann noch den roten Felsen beleuchtet, das ist unbezahlbar!“

 

 

Jetzt ist sie ganz nah, die Insel Helgoland, der besagte Fels in der Brandung. Wow, wir können es kaum erwarten, endlich an Land zu kommen, um die Insel zu erkunden. Wir fühlen uns ein bisschen wie Schatzsuchende in der Kindheit. Schnell bitten wir den Kapitän, uns noch ein paar Tipps zu geben, denn wir sind Tagestouristen und müssen um 16 Uhr wieder an Bord sein. Er empfiehlt uns, einen Inselrundgang über das Oberland zu machen und den Felsen „Lange Anna“ zu besuchen. Wenn wir einen schönen Strand, Robben und Seehunde sehen möchten, dann sollten wir einen Abstecher auf die „Düne“ unternehmen (Helgoland zerbrach 1721; seitdem existiert die als „Düne“ bezeichnete Nebeninsel). Und dann ist da natürlich noch die Helgoländer Delikatesse Knieper, die Scheren von einem Taschenkrebs, die man in allen Variationen überall auf der Insel kosten kann. Einmal probiert und man kommt garantiert wieder. 

 

Die raue Schönheit Helgolands, ihr temperamentvolles und zugleich sanftes Auftreten lassen sich nicht zähmen, von niemandem. Man ist schnell verliebt in diesen roten Felsen in der Nordsee, braucht aber Zeit, um alle Geheimnisse, die Menschen dort, die reine Natur mit ihren Höhen und Tiefen lieben und kennenzulernen. Nach einem Tag Helgoland sind wir jedenfalls so verknallt, dass wir wieder kommen werden. Das nächste Mal von Hooksiel aus mit MS „Fair Lady“.

 
 

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Mehr Informationen über die Fahrten der Reederei Cassen Eils zu den Inseln Helgoland, Neuwerk und durch das Wattenmeer erfahren Sie hier: 

www.cassen-eils.de

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Strandkorbdoktor

Enno Bauer

Friesische Gemütlichkeit, die eine Nummer trägt.

 

Würde es den Wind und die steife Brise im Wangerland an der Nordsee nicht geben, gäbe es vermutlich kein maritimes Strandmobiliar. Der Wind ist schuld - Gott sei Dank! Natürlich. Bodenständig. Einzigartig. Schön. Der Strandkorb: ein einfaches Dach über dem Kopf, von drei Seiten geschützt - längs- oder quer gestreift, mit Meeresmotiven oder einfach prachtvoll in vielen bunten Farben. Für die einen ein Stück Heimat, für die anderen ein Stück abgeschirmter Ruhe, einfach ein Lieblingsplatz, in dem man ungestört die Seele baumeln lassen kann. Ein Strandkorb sieht immer gut aus, egal bei welchem Wetter. Und damit das so bleibt, werden im Wangerland an der Nordsee alle Strandkörbe von Strandkorbdoktor Enno Bauer von Hand gehegt und gepflegt.

 
 

4.000 STRANDKÖRBE IN 20 JAHREN
 

Enno Bauer ist Strandkorbdoktor bei der Wangerland Touristik mit Leib und Seele. Es gibt keinen Strandkorb, der nicht mindestens einmal durch seine Hände gegangen ist. Enno ist der einzige Strandkorbdoktor im Wangerland und musste sich seinen „Doktortitel“ erst erarbeiten. In über 20 Jahren hat er über 4.000 Strandkörbe repariert. Ohne Medizinstudium, aber mit viel handwerklichem Geschick und sehr viel Freude an der Arbeit. Aber wie wird man eigentlich Strandkorbdoktor? „Zuerst war ich ganz normal als Reparateur angestellt und habe mich täglich um Strandkörbe gekümmert. Erst als mein Kollege in Rente ging, habe ich den Job übernommen“, erzählt uns Enno. 

 
 
 
 

Jedes Jahr im April, wenn das zartgrüne Gras der Dünen im Wind den Frühling ankündigt, dann ist es endlich soweit. An den Stränden von Schillig, Horumersiel und Hooksiel werden traditionell die Strandkörbe aufgestellt. Liebevoll gepflegt und voll funktionstüchtig warten die maritimen Strandaccessoires auf Reisende, die im Wangerland ihr Ferienglück suchen.

 
 
 

Der Soundtrack zur Geschichte von 3 Miles to Essex

 
 
 
 

NORDDEUTSCHE GEMÜTLICHKEIT MIT NUMMER
 

Als wir Enno in seiner Strandkorbwerkstatt besuchen, ist das Wetter nicht besonders strandtauglich, eher friesisch herb und seine Werkstatt in Schillig ist rappelvoll mit Strandkörben, die alle auf „Erste Hilfe“ warten. Enno ist ein Typ Mensch, der immer gute Laune versprüht, weil er das besondere Etwas hat, das herzlich Friesische, das was die Menschen am Meer so ausmacht. Das ist so ansteckend, dass uns trotz des schlechten Wetters ganz warm ums Herz wurde, als wir ihn bei seiner Arbeit begleiten durften. Denn tief in unseren Herzen sind wir alle romantisch. Strandkörbe zu mögenist nicht schwer, denn die maritimen Farben an einem weißen Dünenstrand ergreifen einfach jeden von uns. Sie stehen urig und stolz, kreuz und quer an den Stränden und symbolisieren norddeutsche Gemütlichkeit, die eine Nummer trägt!

 

Videointerview

 
 
 
 

„MEINE KÖRBE KOMMEN JETZT AUS DEM WINTERSCHLAF UND MÜSSEN AUF VORDERMANN GEBRACHT WERDEN. WAS ZÄHLT, IST DAS ERGEBNIS!“, SAGT ENNO.

 

Die Strandkörbe, die beschädigt sind, werden im Herbst ausgesondert und den Winter über repariert. Enno erzählt uns, dass seine Strandkörbe aus Holz, meistens Tanne und Fichte, bestehen. Wenn er Reparaturen vornimmt, werden fast immer der Rahmen und die Seitenteile komplett ersetzt. Das Holz hat sich verbessert und ist wetterbeständiger als früher, so dass seine Strandkörbe nach seiner Reparatur fünf bis sieben Jahre am Strand stehen bleiben. Mittlerweile wird ölhaltige Lerche verarbeitet. Die Innenausstattung, Polster und die Sitzbank werden aus Markisenstoff gefertigt. Diese Teile müssen fast immer repariert werden, da sehr viel durch Vandalismus und Zigaretten zerstört wird. Seine „Strandkorbpraxis“ hat 12 Monate durchgehend geöffnet und jährlich gehen zirka 200 Strandkörbe durch seine Strandkorbdoktor-Hände. In mühevoller Handarbeit und mit enormer Liebe zum Detail schleift, sägt, hämmert und lackiert Enno an seinen Patienten herum, bis sie wieder „strandfein“ sind. 

 
 

Enno liebt seinen Beruf über alles, denn in den Wintermonaten hat er seine Ruhe und arbeitet täglich in der Werkstatt und in den Sommermonaten geht Enno jeden Morgen um 7 Uhr an den Strand und überprüft jeden einzelnen Strandkorb. Sind alle Schlüssel da, ist alles sauber? Sind alle Strandkörbe noch in einem einwandfreien Zustand? „Das Gefühl von Ruhe, Nordsee und die Reparatur der Körbe macht mich einfach glücklich. Das Schönste daran ist, man lernt ständig neue Menschen kennen oder trifft alte Bekannte, die man schon Jahre kennt und dann schnackt man eine Runde miteinander“, sagt Enno. 

"MEINE ARBEIT MACHT MICH EINFACH GLÜCKLICH."


Auf die Frage, ob hin und wieder mal Strandkörbe verschwinden, antwortet Enno: „Nein, seit ich hier bin ist noch nie einer ernsthaft geklaut worden. Hin und wieder stehen mal welche vor dem Deich rum. (er lacht) Weiter kommen die Diebe meistens nicht und geben auf, weil ihnen die Körbe zu schwer werden“. „Aber es werden jeden Tag Strandkörbe aufgebrochen und es wird randaliert, das ist leider an der Tagesordnung“, erzählt uns Enno weiter. 

 
 

Wir fahren zu einem alten Bauernhof und müssen auf den Heuboden über eine Leiter klettern. Ein wirklich interessantes Bild bietet sich uns, weil man Strandkörbe eigentlich nur am Strand oder im heimischen Garten vermutet. „Hier halten unsere Strandkörbe ihren Winterschlaf!“, präsentiert uns Enno ganz stolz. Von Oktober bis Anfang April werden die Strandkörbe hier wind- und wetterfest gelagert. Wenn die Saison beginnt, werden die Strandkörbe mit einem Hänger an den Strand gefahren und von Hand nach einem System aufgestellt. In Schillig zum Bespiel werden die Strandkörbe mit der Nr. 1 bis 240 direkt ans Wasser gestellt und für die etwas älteren Gäste, kommen ein paar Strandkörbe auf den Rasen. 

 

Selbstverständlich hat Enno als Strandkorbdoktor zuhause im Garten auch einen Strandkorb stehen und wir geben zu, wir hätten auch gerne einen mit nach Hause genommen. Aber wir müssen ehrlich sagen, nur hier im Wangerland an der Nordsee, wo die Strandkörbe den echten Meeresduft tragen, kann man sich hinein setzen, entspannen und sie hören, die ewige Geschichte vom Leben am Meer!

Viel. Meer. Auszeit.

Moni und ulf

Anleitung zum Glücklichsein

 

Außergewöhnliche Menschen, das sind oft die Verrückten. Die verrückt aufs Leben sind, verrückt aufs Erleben, verrückt danach, alles zu geben. Die alles auf einmal begehren, die nie gähnen oder belanglose Dinge sagen, sondern brennen wie ein Feuerwerk über dem Meer. Wir haben zwei dieser außergewöhnlichen Menschen hier oben an der Küste getroffen und durften ein paar Stunden mit ihnen staunen, sie bewundern und ebenfalls ein wenig mitverrückt sein. 

 
 
 
 

Vor vielen Jahren setzten sie Segel, um der endlosen Hast ihres Alltags den Rücken zu kehren. Seit ihrer Kindheit ist Monika und Ulf seit 1978 auf den Meeren unterwegs und wollen nicht mehr damit aufhören. Und wenn sie doch mal zur Ruhe kommen und Anker werfen, dann nur im Heimathafen Hooksiel. 

"Die Jan Maat: unser dickes, zickiges, pubertierendes Kind“

 

Wenn bei den meisten Menschen am Freitag Nachmittag das Wochenende so langsam beginnt, legen Monika und Ulf erst richtig los. Klamotten packen, alles mitnehmen, jetzt bloß nichts vergessen und los über die Autobahn ins 60 Kilometer entfernte Wangerland an der Nordsee. Auf Schnickschnack stehen die beiden nicht. Praktisch muss es sein und vor allem anders als die Anderen. Das Patchworkpaar mit drei Kindern und acht Enkelkindern – selbstverständlich „fast“ alle mindestens genauso segelverrückt wie sie selbst oder zumindest seetauglich – haben ein weiteres, ganz besonderes Kind: „Jan Maat“, 30 Tonnen schwer und ein Selbstbau-Traditionssegler ohne Anleitung zum „Glücklichsein“. Das schöne Holz, die alten Linien, die schiere Größe, gepaart mit den Spuren des bisherigen Arbeitslebens, diese Patina macht bei der „Jan Maat“ den ganz besonderen Reiz aus. „Als wir das Schiff kauften, haben wir uns einen sehr langen Traum erfüllt“, sagt Monika. „Allerdings hat uns der Vorbesitzer dieses Schiffes keinerlei Unterlagen zur Verfügung stellen können, so dass wir über Jahre mit sehr viel Zeit und Geduld unser „dickes, zickiges, pubertierendes Kind“ erst einmal kennenlernen und erziehen müssen. Wir wollten etwas haben, was sonst keiner hat – ein Unikat, so wie wir es sind!“

 
 
 
 

 

Der Soundtrack zur Geschichte von

 
 
 
 
 

Monika und Ulf sind zwei Menschen, die einfach das tun was sie lieben. Ihr Motto: Loslassen und sich selbst und auch alles andere nicht immer so ernst nehmen. Sie sind auf dem Meer zuhause, sind angekommen. Egal ob Mittelmeer, Atlantik oder Nordsee – sie kennen viele Reviere und noch mehr schöne Häfen. Auf die Frage, warum sie sich als Heimathafen Hooksiel im Wangerland ausgesucht haben, fällt die Antwort recht eindeutig aus: „Hier leben unsere Freunde und der Hafen ist nicht nur schön, sondern geschützt und tideunabhängig. Hier liegen wir sicher, kennen einfach jeden und trotzdem wird es nie langweilig. Der Alte Hafen von Hooksiel ist wunderschön und entspannt. Hier kann man in Ruhe sein Bier genießen, nette Menschen treffen, über die Welt philosophieren und einfach so sein wie man ist. Wenn man genug hat, macht man die Luken zu und geht schlafen. Am nächsten Morgen genießen wir unsere Brötchen an Bord und sind in Gedanken schon wieder am Segel setzen. „Dat ist unser Ding!“, sagt Ulf.

 
 

Wie erklärt man die Faszination des Segelns jenen, die immer nur an Land bleiben? Der Wind pfeift immer um die Ohren. Die Finger tun oft weh. Blaue Flecken am ganzen Körper. Unter Deck haut man sich den Kopf an. Die Bordtoilette – wenn überhaupt vorhanden – vermittelt ein nie gekanntes Raumgefühl. Ist das nicht so? „Ja, genau das brauchen wir, um glücklich zu sein“, erklärt Ulf. „Wir segeln am liebsten, wenn ein bisschen Wind ist, ab Windstärke vier bis sieben wird es für uns erst interessant und gehen raus aufs Meer. Es muss ein bisschen rau sein. So ein „Kaffeesegeln“ wie wir das heute gemacht haben ist nichts für uns. Das war nur euch zuliebe und damit die Segel mal ein bisschen abtrocknen.“ 

 

Videointerview

 
 
 

„Die Herausforderung beim Segeln
ist zu wissen, wie der Mensch mit den Naturgewalten umgehen kann.
Denn die Nordsee ist ein Biest."


Wir kommen sehr gut damit klar. Wir sind ein Team. Wir lieben viel Wind und die Herausforderung, die Nordsee zu besiegen. Diesen Kampf aufzunehmen. Wenn man dann abends nach einem schönen Törn im Hafen liegt, dann ist das das schönste Gefühl. Man hat den Kampf gewonnen.“ 

 
 

Segeln ist ein Schachspiel mit dem Wind. Man muss den Wind auf dem Wasser und aus den Wolken lesen können, bevor er in die Segel kommt. Nur wer genau beobachtet und vorausdenkt, kann handeln und letztendlich gewinnen. Monika und Ulf sind an Bord wie im normalen Leben Teamplayer. Sie müssen sekundenschnell entscheiden, welches Manöver sie als nächstes mit ihrem Schiff fahren wollen. Jeder Handgriff muss sitzen. 30 Tonnen Stahl, bleiben nun mal 30 Tonnen auch wenn sie als Schiff geformt sind. Segeln ist Meer. Viel Meer. Das Wechselspiel des Lichts und der Farben, wenn Wolken und Sonne sich abwechseln, ist berauschend. Die Gefühle und Emotionen, die sie beim Segeln täglich erleben, sind bewegend und entspannend zugleich.

 
 

NAch dem Turn ging's auf die Wäscheleine
 

Die Tochter mit Mann und zwei Kindern segelt gerade mit einer Dehler DB1, eine Regattayacht aus den 80ern, für drei Monate auf der nördlichen Halbkugel. Einfach so. Wow, wir staunten nicht schlecht, aber Monika schmiss adhoc einen typischen „Moni“-Spruch in die Runde: „Eine Tupper. Nix für mich. Ich brauche Rost!“. Genau solche Sätze machen die beiden aus. Sie sind authentisch, liebenswert, locker, einfach nur echt, weltoffen, tiefgründig und würden, wenn sie könnten, die ganze Welt umsegeln, wenn die Welt danach dann ein bisschen besser wäre. Auf die Frage, ob sie auch Gäste mit an Bord nehmen, kam ein klares „Nein“. Das hier gehört nur uns zwei. „Den letzten, den wir als Gast an Bord hatten, war danach so fertig, der musste erst mal über die Wäscheleine“, lacht Ulf. 

Man kann irgendwie gar nicht anders, als die beiden zu mögen. Oder vielleicht sollte man sagen: als sie lieb zu gewinnen. Wir sind als Fremde an Bord gekommen und gingen als Freunde. Das hat man selten und vielleicht funktioniert das auch nur bei Monika und Ulf so schnell und so herzlich. Und vielleicht ist da ja auch das Segeln der entscheidende Faktor. Auf hoher See findet der Mensch noch Emotionen und Geschichten die echt sind. Denn dort herrscht eine andere Zeit, ein anderer Rhythmus. Und wer darin aufgeht, sich hingibt, wird wahrscheinlich tatsächlich zu einem anderen, gelasseneren Menschen.